Wolfang Beltracchi, 2018
Verlosung des Gewandes Christi
Handschrift: Joachim Beuckelaer, 1566, Antwerpen
Öl auf Leinwand, 70 x 99,5 cm

»Beuckelaers säkular-religiöse Szenen datieren hauptsächlich aus den 1560er Jahren, einer Zeit zunehmender calvinistischer Agitation. Die Ausführung mehrerer dieser Gemälde fällt mit dem Ausbruch des Ikonoklasmus zusammen. Dem nominellen Katholizismus Beuckelaers zum Trotz stimmt der Charakter seines Werkes in bemerkenswerter Weise mit Calvins Forde-rung einer Kunst des Sichtbaren überein. Das Versagen der Kirche, die nicht energisch auf die Herausforderung der Refor-mation im Hinblick auf Bilder reagierte, scheint zu einer verbreiteten Gleichgültigkeit gegenüber dieser Streitfrage geführt zu haben, was schließlich die massenhafte Zerstörung kirchlicher Kunst im Jahr 1566 erlaubte. «

Professor Keith Moxey, Columbia University, New York

In seinen Gemälden verschiebt Beuckelaer den Fokus auf den profanen Rahmen eines eigentlich sakralen Geschehens. Beltracchi zeigt eine Nebenhandlung der Passion als weltliche Szene: Die Soldaten, die Christi Kleider unter sich verteilen, sind hier Buchdrucker beim Würfelspiel. Auch die Kleider sind symbolisch anwesend; im Hintergrund ist die Kreuzigung zu sehen. Eine Übertragung des religiösen Ereignisses in die Gegenwart der Maler ist keine Seltenheit in der Kunstgeschichte. Hier verweist der Buchdruck auf eine historische Zäsur: 1566 erfasste der calvinistische Bildersturm, der von gedruckten Flugschriften unterstützt wurde, Antwerpen. Bei der Plünderung der Kirchen wurden mehrere Gemälde Beuckelaers zerstört. Der Bildersturm war auch politisch motiviert und erfolgte oft mit Billigung einer antiklerikalen Obrigkeit.