Wolfgang Beltracchi, 2018
Der grausame Komet
Handschrift: Hendrick Avercamp, 1618, Kampen
Öl auf Holz, 27 x 22 cm

»Theologen und Astronomen, Gelehrte und weniger Gelehrte, Protestanten und Katholiken, sie alle hegten im Winter 1618 kaum einen Zweifel: Der Komet drohte mit Unheil, mit den apokalyptischen Reitern Krieg, Pest, Hunger und Tod. Das war furchterregend, doch ließ es durchaus Raum für Hoffnung. Denn das Prophezeite erschien nicht von vornherein unaus-weichlich. Der Komet warnte die Menschen: Er verkündete, was denen widerfahren würde, die vor dem Zeichen Gottes Au-gen und Ohren verschlossen. Nur Bußfertigkeit und die Umkehr zu einem gottesfürchtigen Leben konnten jetzt helfen. Dazu gehörte auch, den Krieg in Chroniken und autobiografischen Texten aufzuschreiben, um künftig die genaue Bedeutung des Omens zu klären. 1648 war den Chronisten klar, was der Komet von 1618 vorhergesagt hatte: die hartnäckige Missach-tung der Warnung und einen dreißig Jahre dauernden Krieg.«

Professor Andreas Bähr, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)

In den Jahren 1570–1630 waren die Temperaturen in Europa besonders eisig. In den Niederlanden entstanden in dieser ersten Kälteperiode der Kleinen Eiszeit, einer globalen klimatischen Abkühlung, zahlreiche Winterlandschaften. Hendrick Avercamp zeigt meist die heitere Seite der langen Winter, an denen die Bevölkerung im Alltag schwer zu leiden hatte. Auf die Not der Menschen und den gesellschaftlichen Hintergrund verweist hier der Komet C/1618 W1, der im November 1618 am europäischen Himmel erschien und sogar bei Tag zu sehen gewesen sein soll. Er wurde mit dem Dreißigjährigen Krieg in enge Verbindung gebracht. Zahlreiche Lasuren lassen den Schimmer des Eises entstehen, wie in Landschaftsmalerei der kunstgeschichtlichen Epoche der „Kleinen Eiszeit“.