Wolfgang Beltracchi, 2018
Loreley
Handschrift: Caspar David Friedrich, ca. 1820, Dresden
Öl auf Leinwand auf Karton, 56 x 43,5

»Die wildromantischen Ufer des Mittelrheins, von Burgen und Ruinen gesäumt, gaben Dichtern und Künstlern als Landschaft zwischen Natur und Geschichte schon seit dem späten 18. Jahrhundert Raum für die poetische Utopie. So wurde aus einem Felsen und gefährlichen Strömungen der legendäre Ort der Loreley, an dem sich die „Rheinromantik“ entzündete. Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches wurde der Rhein zugleich zu einem deutschen Fluss. Landschaft, Dichtung und Sage wurden zum Quell einer deutschen, verklärten Identität. Bis ins 20. Jahrhundert behielt der Strom seinen politischen Fetisch-charakter. Wenn wir heute aber auf den Rhein schauen, begreifen wir ihn als europäischen Fluss. Wir blicken mit anderen Augen auf ihn und zurück auf seine romantische und nationalistische Überhöhung, die Teil der deutschen Vergangenheit ist.«

Dr. Rainer Doetsch, Rhein-Museum, Koblenz

Die Legende der Loreley, einer schönen Hexe, die am gleichnamigen Rheinfelsen Schiffer in den Tod zieht, ist eine Erfindung Clemens Brentanos aus dem Jahr 1800. In den Napoleonischen Kriegen wurde das Rheinufer ein hochpolitischer Ort. Eine Deutsche Identität musste nach Ende des Heiligen Römischen Reichs erfunden werden. Friedrich suchte sie in der Landschaft, in der Beschwörung von Vergangenheit und Innerlichkeit und malte Motive aus dem Norden, Osten und Süden des deutschsprachigen Raums. Der Loreleyfelsen erscheint hier als Trutzburg deutscher und romantischer Identität gegen die rationalistische, französische Expansion. Die Franzosen müssen sich über den Rhein zurückziehen.