Wolfgang Beltracchi, 2018
Dionysios Areopagites
Handschrift: Byzantinische Ikonenmalerei, 9. Jahrhundert, Konstantinopel
Enkaustik und Blattgold auf Holz, 32 x 27 cm

»Auf eine entscheidend anachronistische Weise besteht eine Parallele zwischen der byzantinischen Kunst und unserer Zeit. Die Byzantiner waren wie wir an der Frage „Was ist ein Bild?“ interessiert, ja von dieser Frage geradezu besessen. Die Ikonen faszinieren uns, weil wir sie als lebendige Spuren dieser Obsession mit der Visualität wahrnehmen.«

Dr. phil. habil. Sergei Mariev, Ludwig-Maximilians-Universität, München

In Enkaustik gefertigt, zeigt diese Ikone Dionysios Areopagites, einen Schüler des Apostels Paulus. Die präsentierte Schrift stellt die Frage nach der Darstellbarkeit Gottes. Im Byzantinischen Bilderstreit (726–843) wurden die Schriften des Dionysios Areopagites, die heute als Fälschungen eines anonymen Autors des frühen 5. Jahrhunderts gelten, von Michael II., dem Kaiser von Byzanz, vereinnahmt, um seine ikonoklastische (bilderfeindliche) Position zu stützen. Eine Ikone des Heiligen hätte dagegen seinerzeit eine bilderfreundliche Rezeptionsgeschichte des Werks belegen können, denn die Tradition besaß in Byzanz Autorität. Die Malweise der Enkaustik, die während des Bilderstreits von der Tempera abgelöst wurde, hätte die Ikone im 9. Jahrhundert als ein altes und somit ehrwürdiges Dokument ausgewiesen.

Bildidee in zusammenarbeit mit Dr. Sergei Mariev