Wolfgang Beltracchi, 2018
Charon
Handschrift: Gustav Klimt, 1918, Wien
Öl auf Leinwand, 100,5 x 90,5 cm
»Gustav Klimt ist der erste der großen Toten in jenem Schlüsseljahr 1918, das nicht nur der Kultur des Wien um 1900 ein Ende setzt. Klimt war gerade 55, als er starb. Man geht nicht fehl, macht man für seinen Tod weniger den Krieg als die Umstände verantwortlich, die die Karriere dieser Künstlerfigur beförderten und vor allem auch hemmten. Klimt war am Ende seines Werks zum Lieferanten von Luxusgütern abgestempelt, entrückt in splendide Isolation. Der publizitäre Elan, mit dem er angetreten war, hatte sich längst im Sand verlaufen. Im Jahr 1917 war Klimt noch einmal eine Professur versagt worden. Es war die vierte Ablehnung gewesen.«
Professor Dr. Rainer Metzger, Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe
Dem Kunstbegriff des späten 19. Jahrhunderts verpflichtet, lehnte Gustav Klimt ein Selbstporträt ab. Die Kunst sollte rein der Schönheit dienen. Am kritischen Impuls der Kunstreligion des Jugendstils begann er aber schließlich zu zweifeln und so wandelte sich seine Ästhetik ab 1910 hin zum Modernismus: Der Goldgrund verschwindet aus der Malerei. Bei Klimts Tod blieben mehrere unvollendete Gemälde in seinem Atelier. Beltracchi fügt ihnen ein Selbstporträt hinzu, in dem er für Klimt und dessen Kunstbegriff Rückschau hält. Hinter dem Künstler spiegelt sich die unvollendete „Braut“ und verbindet sich mit dem Fährmann Charon im Bild.